Nicht alles, was die Wirtschaftspsychologie bietet, ist dem nicht-wirtschaftspsychologisch sozialisierten Praktiker völlig unbekannt. Zum Beispiel wird die Wirkung von Emotionen auf Erleben und Verhalten mittlerweile grundsätzlich breit rezipiert und auch in der Betriebswirtschaft gerne – wenn auch zumeist stark vereinfacht – bedacht. Aber man ist konzeptionell und methodisch oft weit besser aufgestellt: Die Wirtschaftspsychologie bietet Methoden und Instrumente zur Diagnose, Prognose, Intervention, Gestaltung und Evaluation.
Anderes ist dem wirtschaftspsychologischen Laien tatsächlich oft nicht bekannt oder sogar kontraintuitiv, so z.B. die brüchigen Relationen von Eigenschaften und Führungserfolg, von Menschenkenntnis und Urteilen, von Zufriedenheit und Leistung oder die Probleme mit der Bewertung eigener Urteile und Entscheidungenusw. Wirtschaftspsychologie bietet Theorien, Konzepte und Befunde zur Erklärung von Phänomenen, Zusammenhängen und Kausalitäten, die andere Disziplinen so nicht bieten.
Erkenntnisse, die handlungsrelevant sind, sind gegeben; aber die Erkenntnisse allein wirken ja nicht. Sie sind anzubringen, anzuwenden. Wirtschaftspsychologen sind die Praktiker, die das können. Sie bringen die Erkenntnis der Psychologie und Fragestellungen in Unternehmen zusammen und verbessern so das Handeln im Unternehmen. Durch die eigenen Erkenntnisbereiche und Methoden der Psychologie und ihrer Anwendungsdisziplin Wirtschaftspsychologie haben sie die Handhabe, wirtschaftliches Handeln zu analysieren, zu ergänzen und substanziell zu verbessern (vgl. Abb. 10):
Abb. 10: Wirtschaftspsychologie wirkt.
Typische Aufgabenfelder der Wirtschaftspsychologie in Unternehmen sind Marketing, Personalwirtschaft, Produktentwicklung und Produktionssysteme. Das sind durchaus Kernfelder unternehmerischer Wertschöpfung. Der Psychologisierung von Gesellschaft und Wirtschaft, seit Jahrzehnten häufig konstatiert, wird insbesondere durch die Wirtschaftspsychologie Rechnung getragen. So durchdringt die Wirtschaftspsychologie das Handeln in Unternehmen bis in Routinebereiche, die traditionell als psychologisch „unverdächtig“ galten und auch Routineinstrumente werden wirtschaftspsychologisch aufgeladen, wie das gebrachte Beispiel zur Personalauswahl illustriert.
Die Bedeutung der Wirtschaftspsychologie für den Erfolg von Unternehmen ist also vielfältig und qualitativ wie quantitativ kaum zu überschätzen. Sie lässt Phänomene und Ereignisse neu betrachten und einschätzen, Handeln neu oder differenzierter ausrichten und wirkt so auf den Unternehmenserfolg. Ihre Bedeutung schlägt sich also zum Einen im Handeln in Organisationen nieder, dann in ihrem finanziellen Erfolg und schließlich auch darin, dass sie selbst als bedeutsam für den Unternehmenserfolg wahrgenommen wird (vgl. Abb. 11):
Abb. 11: Bedeutung der Wirtschaftspsychologie für den Erfolg von Unternehmen
In vielen Unternehmen ist die Wirtschaftspsychologie aus dem Schatten der traditionellen Leitdisziplinen herausgetreten. Für Außenstehende ist dies z.B. daran zu erkennen, dass es zunehmend Stellenausschreibungen gibt, die nicht nur für Wirtschaftspsychologen geöffnet werden, sondern diese als professionelle Gruppe von erstem Interesse benennen. Insofern treten hier Psychologen in zentralen Unternehmensbereichen als Experten auf, die den bisherigen Kanon an Qualifikationen ergänzen, um das Unternehmen mit den Kompetenzen zu versorgen, die es für seinen bestmöglichen Erfolg als unverzichtbar ansieht.
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